Von: luk
Bozen – Die Zahlen des ASTAT belegen einmal mehr, dass in der Privatwirtschaft Südtirols die Löhne in den letzten fünf Jahren nicht mit der Inflation schrittgehalten haben. Angesichts des nun ebenfalls dokumentierten wirtschaftlichen Aufschwungs zeige sich das Schwächeln der Lohndynamik umso deutlicher, heißt es aus dem AFI.
„Die in den letzten Wochen von der amtlichen Statistik veröffentlichten Zahlen bestätigen ein weiteres Mal, dass die Arbeitnehmerlöhne nicht einmal mit der Inflation mithalten. Inzwischen belegt das ASTAT auch, dass die Wirtschaft in Südtirol zwischen 2011 und 2016 real um +6,4 Prozent gewachsen ist – pro Beschäftigten gerechnet sind das real immerhin noch +4,1 Prozent“, stellt AFI-Präsidentin Christine Pichler ernüchtert fest.
Laut ASTAT ist der Durchschnittslohn eines Arbeitnehmers in der Privatwirtschaft von 27.018 Euro im Jahr 2011 auf 28.806 € im Jahr 2016 gestiegen, was einem nominellen Zuwachs von +6,6 Prozent entspricht. Mit der Inflationsrate von +7,4 Prozent ist das real ein Lohnrückgang von durchschnittlich -0,8 Prozent.
Struktureffekte machen Löhne schöner als sie sind
Dabei gehe das höhere Lohnniveau im Jahr 2016, wie AFI-Direktor Stefan Perini anmerkt, gar nicht auf Lohnbesserungen zurück: „Zwischen 2011 und 2016 hat sich die Beschäftigung verschoben, einerseits in Richtung fortgeschrittener Altersklassen, andererseits in Richtung Teilzeit, während in der beruflichen Qualifikation die Tendenz uneinheitlich ist“, präzisiert Perini. Im Zusammenspiel dieser Faktoren ergebe sich für die Gesamtwirtschaft ein höherer Durchschnittslohn, obwohl die einzelnen Altersklassen und Berufsgruppen fast alle eine negative Dynamik aufweisen. „Das bedeutet, dass die meisten Arbeitnehmer in Wirklichkeit schlechter dastehen als es das Durchschnittsergebnis anzeigt“, so Perini. „Es ist allein den Struktureffekten zu verdanken, dass die Arbeitnehmer der Privatwirtschaft in Südtirol von einem generellen realen Lohnverlust verschont geblieben sind“, so Perini.
Der genaue Vergleich zeigt Verlierer
Wenn man das Niveau der Löhne und Gehälter von 2011 mit dem von 2016 vergleicht, sei sorgfältig zwischen Lohneffekt und Struktureffekt zu unterscheiden. Mit anderen Worten müsse man der Frage nachgehen, ob der statistische Zuwachs des Lohnniveaus auf Lohnaufbesserungen zurückgehe oder z.B. auf eine allgemein älter gewordene Arbeitnehmerschaft. Aus den Durchschnittswerten allein sei das nicht herauszulesen. Um Lohneffekte sichtbar zu machen, müsse man Gleiches mit Gleichen vergleichen, beispielsweise wieviel 40 bis 50-Jährige Führungskräfte im Handel im Jahr 2011 verdient haben und wieviel im Jahr 2016, erklärt Perini. Der Direktor des Arbeitsförderungsinstitutes macht anhand der ASTAT-Zahlen geltend, wie stark die durchschnittlichen Reallöhne im Zeitraum 2011-2016 gesunken sind: „Gesunken sind die Reallöhne in acht von zehn Altersklassen und in vier von sechs Berufsqualifikationen, nämlich bei Angestellten, leitenden Mitarbeitern, Führungskräften und in der Restkategorie „andere“. Außerdem entfällt 22 Prozent der gesamten Lohnsumme in der Privatwirtschaft auf die reichsten zehn Prozent der Arbeitnehmer“.
Was die Benya-Formel sagt
Im sozialpartnerschaftlichen Vorzeigeland Österreich dient die sogenannte Benya-Formel als Maßstab bei Lohnverhandlungen. Nach der Benya-Formel sollten Lohnerhöhungen die volle Abgeltung der Inflation zuzüglich den Produktivitätszuwachs umfassen. Auf Südtirol übertragen hätten die Nominallöhne also gesamtwirtschaftlich im Schnitt zwischen 2011 bis 2016 um +11,5 Prozent (7,4 Prozent für den Inflationsausgleich plus 4,1 Prozent für den Produktivitätszuwachs) steigen müssen und nicht nur um +6,6 Prozent.