Von: mk
Bozen – „Das neue Landesgesetz Raum und Landschaft muss den zukünftigen Herausforderungen am Wohnungsmarkt, bedingt durch die demographische Entwicklung und die veränderten Lebensbedingungen, Rechnung tragen. Leistbares Wohnen und ein funktionierender Mietmarkt müssen in Zukunft gewährleistet werden“, unterstreicht Leo Tiefenthaler, Präsident von Südtiroler Wirtschaftsring – Economia Alto Adige eines der zentralen Anliegen der Wirtschaft an das neue Landesgesetz für Raum und Landschaft. Das Positionspapier des Familienbeirates – dessen Mitglied swr-ea ist – könne jedoch nicht vollinhaltlich unterstützt werden.
Rund 75 Prozent der Südtirolerinnen und Südtiroler besitzen heute ein Eigenheim. Dies ist sicherlich ein positiver Aspekt der durch das bisherige Wohnbaumodell ermöglicht worden ist, insbesondere im Hinblick auf die Wertsicherung und Absicherung im Alter. Mit dem einzigen Wehrmutstropfen, dass der Mietmarkt bisher stiefmütterlich behandelt worden ist und gegenwärtig de facto nicht existiert. Mit dem neuen Raumordnungsgesetz müssen daher Anreize geschaffen werden, um den Mietmarkt – insbesondere auch den privaten Mietmarkt – stärker zu unterstützen, fordern die Vertreter der Wirtschaftsverbände. Junge Menschen wollen heute vielfach nicht bereits in jungen Jahren ein Eigenheim erwerben, sondern verschiedene Berufserfahrungen sammeln, bevor sie sich niederlassen. Ebenso brauchen Unternehmen Mietwohnungen für ihre Mitarbeiter. Diese Möglichkeit besteht heute kaum und könnte künftig verstärkt durch den privaten Mietmarkt gedeckt werden.
Anreize für die Schaffung von Mietwohnungen könnten geschaffen werden, indem mehr Grund für den Wohnbau ausgewiesen bzw. bestimmt wird und damit Mietraum für verschiedene Bevölkerungsgruppen geschaffen werden kann. Steuerliche Entlastungen bei der Vermietung oder Reduzierung der GIS für vermietete Wohnungen würden sich ebenfalls positiv auswirken, genauso wie die Lockerung der starren gesetzlichen Mietregelungen und die Erhöhung der Kubatur bei bestehender Substanz, verbunden mit der Möglichkeit diese zu vermieten.
Einer Klimahauszertifizierung als Voraussetzung für eine Mietbeihilfe – wie sie mehrheitlich von den Mitgliedern des Familienbeirates gefordert worden ist – stehen die Wirtschaftsvertreter kritisch gegenüber. Dies steht im Widerspruch zu der Forderung nach Nutzung von bestehenden Flächen, da Wohnungen, die nicht zertifiziert sind, de facto für Mieter nicht mehr interessant sind.
Wertausgleich wird abgelehnt
Nicht unterstützt wird die Forderung nach einem Wertausgleich von 50 Prozent bei der Ausweisung von neuen Bauflächen und bei Änderungen der Nutzungskategorien für Baurechte, wie sie mehrheitlich von den Mitgliedern des Familienbeirates vorgeschlagen wird. „Der Wertausgleich kann de facto verglichen werden mit einer Zusatzsteuer und würde unweigerlich zu einer Verteuerung von Bauen bzw. Wohnen führen“, zeigt sich Tiefenthaler überzeugt. Bereits jetzt ist die Steuerlast für Unternehmen in Italien im Vergleich zu den Nachbarländern hoch. Die Wirtschaft spricht sich daher klar gegen diese vorgeschlagene Zwangsabgabe aus, die alle – Grundbesitzer, ebenso wie Besitzer einer Immobilie – betreffen würde.
Die Gründe sind mehrere: Bereits jetzt sind die Kosten für das Bauen in Südtirol überproportional höher als im benachbarten Ausland, wobei die Grundstückskosten aktuell rund ein Drittel der Gesamtkosten betragen, der Rest sind Baukosten, Planungskosten und verschiedene Steuern und Abgaben. Zusätzliche Abgaben sind investitionshemmend und müssen daher vermieden werden.
Die Bauherren beteiligen sich bereits heute bei Baumaßnahmen an anfallenden Kosten für Infrastrukturen bzw. garantieren deren Realisierung. Außerdem würden durch die Abgaben des Wertausgleichs Maßnahmen finanziert, die bereits heute über den Gemeindehaushalt finanziert werden wie z.B. geförderter Wohnbau, die Errichtung von ordentlicher und außerordentlicher Instandhaltung von primären und sekundären Erschließungsanlagen und Maßnahmen zur Pflege und zur Aufwertung der Umwelt und der Landschaft.
„Wir unterstützen die Forderung nach leistbarem Wohnen, finden jedoch nicht, dass dies durch die vorgeschlagenen Maßnahmen ermöglicht wird“, betont Tiefenthaler abschließend in Vertretung der in swr-ea angeschlossenen Wirtschaftsverbände. Insbesondere aus diesen Gründen hat sich swr-ea gegen das Positionspapier des Familienbeirates zur zukünftigen Wohnpolitik in Südtirol ausgesprochen.
Swr-ea ist effektives Mitglied des Familienbeirates, einem beratenden Organ der Landesregierung, dem 19 Vertreterinnen und Vertreter von verschiedenen Organisationen angehören.