Handelsverband, DHK und WKÖ sehen Wirtschaftsstandort in Gefahr

Wirtschaftsvertreter kritisieren Rewe-Kartellstrafe

Freitag, 14. Februar 2025 | 15:26 Uhr

Von: apa

Angesichts der jüngsten Rekordkartellstrafe für die Billa-Mutter Rewe sehen die Wirtschaftskammer (WKÖ), der Handelsverband und die Deutsche Handelskammer (DHK) in Österreich den heimischen Wirtschaftsstandort in Gefahr. “Investitionen erfolgen nur, wenn Unternehmen darauf vertrauen können, dass Sanktionen verhältnismäßig zur Schwere des Vergehens stehen”, sagte WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik am Freitag laut Aussendung.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte kürzlich als Kartellobergericht die Geldstrafe für die Rewe International AG von 1,5 Mio. Euro auf 70 Mio. Euro massiv erhöht. Zur deutschen Rewe-Gruppe gehören in Österreich Adeg, Billa, Billa Plus, Bipa und Penny. Die Supermarktkette hatte die Übernahme von Einzelhandelsflächen in einem Welser Einkaufszentrum zuerst nicht bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) angemeldet und damit gegen die Fusionsanmeldepflicht verstoßen.

Handelsverband, DHK und WKÖ sorgen sich um Wirtschaftsstandort

Der Handelsverband verwies darauf, dass es “keine einschlägige Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen schlichte Nachmiet-/Nachpachtszenarien einen Zusammenschlusstatbestand begründen”, gegeben habe. Der Zusammenschluss sei dann “nachträglich als unproblematisch eingestuft”. “Es ist unverständlich, warum gegen heimische Unternehmen derart hart vorgegangen wird, während dubiose Fernostplattformen weiterhin ungeniert und ungehindert ihre Fake-Produkte ins Land schicken dürfen – und das überwiegend straffrei”, sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will mit Verweis auf die asiatischen Billig-Shoppingportale Shein und Temu.

Der OGH-Entscheid sorgt auch bei der Wirtschaftskammer für “erhebliches Unverständnis”. Höchstgerichtliche Urteile seien “selbstverständlich anzuerkennen”, doch es gebe “massive Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Höhe der Strafe”, hieß es von der WKÖ.

Deutsche Handelskammer: “Verlässlicher Rechtsrahmen unerlässlich”

Die Wirtschaftskammer verwies auf die “entscheidende Bedeutung eines vorhersehbaren und fairen Rechtssystems” angesichts der “aktuellen Herausforderungen” für die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs. “Es ist nicht nachvollziehbar, wenn die Höhe einer Geldstrafe primär anhand von EU-weiten Vergleichswerten und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens festgelegt wird, ohne die tatsächliche Schwere des Vergehens ausreichend zu berücksichtigen”, kritisierte WKÖ-Handelsobmann Trefelik. Dass der gesetzliche Rahmen noch höhere Strafen ermögliche, dürfe “kein Argument für eine überzogene Sanktion sein”.

Für den Hauptgeschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich, Thomas Gindele, hat der OGH mit dem Urteil dem österreichischen Wirtschaftsstandort “einen Bärendienst” erwiesen. Die völlig überzogene Geldbuße des OGHs würde Unternehmen zukünftig davor abschrecken, in Österreich zu investieren, warnte die DHK kürzlich in einer Aussendung. Für die deutsche Wirtschaft sei “ein verlässlicher Rechtsrahmen” in Österreich “unerlässlich”. Nach Angaben der DHK sind rund 6.000 deutsche Unternehmen in Österreich wirtschaftlich aktiv. Rund 600.000 österreichische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seien “mittelbar und unmittelbar durch Engagement der deutschen Wirtschaft in Österreich und durch die Außenwirtschaftsbeziehung Österreichs mit Deutschland beschäftigt”.

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