Von: mk
Terlan – Der Südtiroler Bauernbund hat auf einer Informationsveranstaltung in Terlan zum Wolf erneut ein wolfs- und bärenfreies Südtirol gefordert. Das Großraubwild und die traditionelle Almwirtschaft seien nämlich nicht miteinander vereinbar. Dass ein wolfsfreies Land keine Utopie ist, zeigt sich in anderen Ländern. Schnelle Lösungen werde es aber nicht geben, hieß es auf der Tagung.
Zwischen Verärgerung, Verängstigung und teilweise auch Resignation, schwankt die Stimmung unter den Bergbauern derzeit. Viele wollen ihr Vieh bereits in diesem Sommer nicht mehr auf die Almen auftreiben. Und fast alle befürchten ein Ende der traditionellen Almbewirtschaftung. „Das aber hätte gravierende Auswirkungen nicht nur auf die Biodiversität, sondern auch auf das Landschaftsbild. Denn wenn Almen nicht mehr bewirtschaftet werden, verstrauchen sie und wachsen früher oder später zu. Das kann nicht im Interesse der Bevölkerung und des Tourismus sein – und auch nicht des Umweltschutzes“, erklärte Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler. Daher fordere der SBB weiter ein „wolfs- und bärenfreies Südtirol“ und eine Lockerung des sehr strengen Schutzes des Großraubwilds.
Dass diese Forderung durchaus realistisch ist, zeigte der EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann anhand des Beispiels von Finnland auf. „In einigen Teilen Finnlands gibt es keine Wölfe. Das dient dem Schutz der Rentiere, die dort leben. In anderen Ländern wiederum gibt es Obergrenzen für Wölfe. Werden diese überschritten, sind Entnahmen möglich.“
Probleme mit dem Wolf gibt es mittlerweile in vielen Ländern. Daher beginnt sich auch auf europäischer Ebene die Stimmung zu ändern. Es gibt zunehmend mehr Stimmen in fast allen Fraktionen des EU-Parlaments, die den hohen Schutzstatuts des Wolfs in Frage stellen. „Letztlich sind aber die Mitgliedsstaaten zuständig, wenn es um das konkrete Wolfsmanagement geht“, so Dorfmann. Und da sind die Positionen in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich.
Wenig Hoffnung auf eine baldige Änderung der Schutzbestimmungen für den Wolf auf römischer Ebene machten die Abgeordneten Albrecht Plangger und Meinhard Durnwalder. „In Rom herrscht nach wie vor die Meinung vor, dass der Wolf stark geschützt werden muss, obwohl der geforderte gute Erhaltungszustand erreicht ist.“
Ein Ausweg könnte eine landeseigene Regelung sein, sagte Landeshauptmann Arno Kompatscher. „Wir werden weiterhin auf römischer und europäischer Ebene aktiv sein und gleichzeitig den maximalen Spielraum, den Südtirol hat, nutzen.“ Das Land habe bereits eine Durchführungsverordnung nach Rom gesendet, die von der Regierung aber nicht verabschiedet wurde. Eines stellte Kompatscher klar. „Wir werden nicht aufgeben. Der Schutz der traditionellen Alm- und Weidewirtschaft geht vor.“
Auch der Herdenschutz mit Hunden und Zäunen kann nicht die Lösung sein, wurde auf der Tagung klar. Südtirols Almwirtschaft ist sehr vielfältig. Wir haben viele kleine Herden und viele verschiedene Almen. Alle mit Herdenschutzhunden und Zäunen zu schützen, ist nicht machbar und wohl auch nicht finanzierbar, hieß es. Dennoch wird es heuer einige Herdenschutz-Pilotversuche auf Almen geben, sagte Landesrat Arnold Schuler. „Auch wenn wir alle nicht davon überzeugt sind, ist es nötig, diese Versuche zu machen – auch um dann besser beweisen zu können, dass der Herdenschutz in Südtirol nicht funktioniert und daher andere Maßnahmen zum Schutz der Nutztiere getroffen werden müssen.“
Der Herdenschutz mit Hunden und Zäunen sei auch wegen der Auswirkung auf das Landschaftsbild und die Freizeitgestaltung bedenklich. Zudem wird auch der Tourismus kaum einverstanden sein, wenn hohe Zäune errichtet und Wanderwege oder Mountainbikerouten unterbrochen werden.
Dass sich der Tourismus deutlicher zu Wort melden und klarer Position beziehen sollte, wurde auf der Tagung in Terlan mehrfach gefordert. „In Salzburg haben sich die Tourismustreibenden klar auf die Seite der Bauern geschlagen“, sagte Nikolaus Lienbacher, Direktor der Landwirtschaftskammer Salzburg. Er forderte eine engere grenzüberschreitende Zusammenarbeit und ein europaweites Monitoring. Da zudem der „gute Erhaltungszustand der Wolfspopulationen, wie in den europäischen Habitat-Richtlinien gefordert, erreicht ist, dürfen auch Entnahmen kein Tabu mehr sein.“ Die Initiativen, die die bäuerlichen Abgeordneten im Südtiroler Landtag ergriffen haben, hat der Landtagsabgeordnete Josef Noggler vorgestellt.
Einig waren sich alle Teilnehmer in Terlan, dass die Anliegen der Landwirtschaft noch stärker kommuniziert werden müssen und Sensibilisierungsarbeit nötig ist. „Viele glauben nach wie vor, der Wolf sei nicht gefährlich. Leider ist das Gegenteil der Fall, wie die letzten Wolfsrisse in Südtirol gezeigt haben. Die Auswirkungen der Präsenz des Wolfes auf die Landwirtschaft, die Almwirtschaft, das Landschaftsbild und nicht zuletzt die Freizeitnutzung jedes Einzelnen müssen wir besser kommunizieren“, so Tiefenthaler abschließend.