Die schwierige Wahl des Zusatzrentenfonds

Zusatzrenten: Covip vergleicht Kosten und Renditen

Dienstag, 22. Juni 2021 | 11:46 Uhr

Von: mk

Bozen – Die Eingeschriebenenrate in der Renten-Zusatzvorsorge ist in Bezug auf die Beschäftigten in der Region Trentino Südtirol mit 54,9 Prozent die höchste Italiens. Es folgt das Aostatal mit 44,1 Prozent und Venetien mit 40 Prozent. Italienweit sind 33 Prozent der Beschäftigten in einen kapitalgebundenen Zusatzrentenfonds eingeschrieben. Mehr Männer als Frauen, mehr Ältere als Jüngere. Dies geht aus dem vor wenigen Tagen veröffentlichten Jahresbericht 2020 der Aufsichtsbehörde über die Zusatzrentenvorsorge COVIP hervor.

Sowohl der Jahresbericht als auch die Homepage der COVIP helfen bei der Entscheidungsfindung für jene Beschäftigten, die auf die Zusatzaltersvorsorge setzen möchten oder müssen. Denn die Unkenrufe über ein Ende der öffentlichen Rente nehmen auch in Covid-Zeiten nicht ab. Angesichts des demographischen Wandels wird immer wieder die Sicherheit der Leistungen in Frage gestellt. „Jetzt hilft nur noch private Vorsorge“ heißt dann die Alternative. „Doch der Generationenvertrag mit dem Umlageverfahren ist immer noch das beste Modell. Denn auch eine Umstellung des Finanzierungsverfahrens auf das Kapitaldeckungsverfahren ändert nichts daran, dass die Jungen für die Alten aufkommen müssen“, erklärt der Verbraucherschutzverein Robin aus Margreid.

Was ist das: Umlage- oder Kapitaldeckungsverfahren

Die Beiträge der Beschäftigten werden beim Umlageverfahren von der (gesetzlichen) Rentenversicherung eingesammelt und an die Rentnerinnen und Rentner ausbezahlt. Die Beitragszahlenden erwerben dabei einen Anspruch auf eigene spätere Rente. Beim Kapitaldeckungsverfahren werden die Beiträge der privat Versicherten als Kapital gesammelt und angelegt. Kapital und Rendite werden dann dem jeweiligen Versicherten in Form einer einmaligen Kapitalsumme oder einer Zusatzrente ausbezahlt. „Komisch ist dabei, dass die angeblich so rentable Privatvorsorge die Unterstützung der Steuerzahler braucht. Doch dies ist nicht das einzige Fragezeichen“, erklärt der Verbraucherschutzverein.

Versorgungslücke schließen oder sparen

Entscheidend bei der Wahl für oder gegen die Zusatzvorsorge sei, ob es eine Versorgungslücke im Alter zu schließen gilt oder ob jemand, wenn auch mit weniger Freiheiten, ganz einfach für das Alter sparen will. Wie bei vielen anderen Finanzinstrumenten, sei es dabei unumgänglich bei der Wahl dieser langfristigen Sparform die Entscheidung gut zu überlegen oder falsche Entscheidungen zu korrigieren. Fehlentscheidungen – und sind sie anscheinend nur von geringer Natur – könnten fatale Verluste bedeuten.

Die in den letzten Jahren erzielten Renditen der verschiedenen Rentenfonds sind im Vergleich zur Inflation und zum Verbleib der Abfertigung im Betrieb ansehlich gewesen. Die Inflation in Bozen für den Zeitraum 2010-2019 betrug 18,7 Prozent. Die angereifte Abfertigung wird jährlich um einen Zinssatz aufgewertet, der aus 1,5 Prozent fixem Anteil und 75 Prozent der Steigerung des vom ISTAT festgestellten Verbraucherpreisindex für Arbeiter und Angestellte (FOI) besteht.

Die wichtigsten Zusatzrentenfonds Südtirols haben laut Covip folgende durchschnittliche jährliche zusammengesetzte Renditen erzielt:

LABORFONDS 2010-2019
Garantierte Linie 1,06 Prozent
Vorsichtig Ethische Linie 4,51 Prozent
Ausgewogene Linie 4,77 Prozent
Dynamische Linie 5,34 Prozent

RAIFFEISEN OPF 2010-2019
Guaranty –
Safe 2,46 Prozent
Activity 3,73 Prozent
Dynamic 4,14 Prozent

ARCA PREVIDENZA FPA 2010-2019
Rendita 3,88 Prozent
Crescita 5,12 Prozent
Alta Crescita 6,18 Prozent
Obiettivo TFR 1,12 Prozent

Die bessere Rendite gegenüber der Abfertigung sei auch darauf zurückzuführen, dass der Sparer bei der Zusatzrente das Kapitalrisiko trägt. Doch zudem seien bei der Zusatzrente auch noch die Vorteile des Arbeitgeberanteils und jene der Besteuerung zu berücksichtigen, die erheblich sind.

Bei der Wahl des richtigen Zusatzrentenfonds sollte man die jeweilige Kostenstruktur genau unter die Lupe nehmen. Wie verschafft man sich aber einen diesbezüglichen Überblick bei den verschiedenen direkten und indirekten Kosten, die auf der Kapitalbildung lasten?

Den Kosten der Zusatzrentenfonds auf der Spur

Die Aufsichtsbehörde Covip schreibt vor, dass vor dem Beitritt zu einem Zusatzrentenfonds die entsprechende Kostenaufstellung in Form einer Grafik im Produktinformationsblatt aufscheinen und auch unterschrieben werden muss. Die Kosten werden mit dem sogenannten ISC, dem zusammenfassenden Kostenindikator, dargestellt. Und dies für jede einzelne Investitionslinie. Beispiele zeigen, dass bei einem um ein Prozent geringeren ISC und entsprechend langer Laufzeit das Ergebnis der Kapitalbildung um 22 Prozent höher ausfällt. Also können höhere Kosten hohe Verluste beim Kapital und dementsprechend bei der Rente bewirken. Zum Glück kann, nach guter Überlegung, der Zusatzrentenfonds gewechselt und auch die angereifte Position mit übertragen werden.

So hat ein abhängig Beschäftigter mit einem Jahresbruttolohn von 26.000 Euro und einer Jahresbeitragszahlung von 2.400 Euro (volle Abfertigung und jeweils 1,1 Prozent Arbeitnehmer- und Arbeitsgeberanteil) nach 30 Jahren und einer eher hoch angesetzten durchschnittlichen Marktrendite von vier Prozent in einem offenen Pensionsfonds (OPF-FPA z.B. Raiffeisen, Arca, …) mit einem Spesensatz (ISC) von 1,35 Prozent ein Endkapital von 109.461,97 Euro. Dieselbe Einzahlung in einen geschlossenen Pensionsfonds (z.B. Laborfonds) mit einem ISC von 0,35 Prozent ergibt ein Endkapital von 129.821,98 Euro, also um 20.360 Euro mehr. Und dies nur wegen der Spesenunterschiede!

„Es ist klar, dass die Kostenstruktur nicht die alleinige Entscheidungsbasis für den Beitritt zu einem Zusatzrentenfonds ist. Es gilt jedoch kostspielige Fehlentscheidungen zu vermeiden. Zumal die Verluste auch einen Jahresnettolohn und mehr ausmachen können“, erklärt der Verbraucherschutzverein Robin.

Für 2020 hat die Aufsichtsbehörde Covip folgende Kostenindikatoren (ISC) für geschlossene Pensionsfonds wie Laborfonds, für offene Pensionsfonds wie Raiffeisen, Arca und für die individuellen Rentenversicherungspläne (PIP), also jene Pensionsformen, welche aus der Initiative der Banken und Versicherungen entstanden sind und bei welchen Beschäftigte kein Recht auf den Anteil des Arbeitgebers haben, publiziert. Auf der Homepage www.covip.it sind der ISC und die Renditen aller Zusatzrentenfonds veröffentlicht. Dies erleichtert den Vergleich.

Zum Beispiel beläuft sich der durchschnittliche jährliche zusammenfassende Kostenindikator ISC für eine Laufzeit von 35 Jahren für Geschlossene Pensionsfonds (FPN) auf 0,29 Prozent, für Offene Pensionsfonds (FPA) auf 1,24 Prozent und für Individuelle Rentenversicherungspläne (PIP) auf 1,81 Prozent, die Schere vom Günstigsten zum Teuersten beträgt 0,08 Prozent bis 3,44 Prozent.

Hier der Kostenvergleich von Laborfonds, Raiffeisen OPF und Arca FPA:

Fazit

Der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, Walther Andreaus, unterstreicht: „Wenn es das Umlageverfahren nicht gäbe, müsste man es erfinden. Es ist preiswert, es arbeitet einfach, für die meisten Menschen zugänglich und leicht zu verstehen. Es sollte gestärkt und das soziale Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden. Das wäre auch gut für die Volkswirtschaft, weil wir ihr einen aufgeblasenen, ressourcenverzehrenden Sektor der Zusatzrenten ersparen. Es muss aufgepasst werden, dass die Finanzindustrie nicht ihren lukrativen und daher für die Kunden teuren Finanzprodukten zu sehr zum Durchbruch verhilft, indem sie das Vertrauen in die gesetzliche Rente untergräbt. Wer sich trotzdem um einen Zusatzrentenfonds umschaut (oder umschauen muss) oder bereits einem solchen beigetreten ist, sollte angesichts der niedrigen Zinsen auf dem Finanzmarkt und des hohen Risikos auf dem Aktienmarkt nicht allein auf die Vergangenheit schauen. Besser ist es, die eigene Risikobereitschaft und die Effizienz des Investitionsinstruments in den Mittelpunkt zu rücken, ohne die Kosten der verschiedenen Investitionslinien zu vernachlässigen. In Zeiten geringer bis negativer Erträge der Anleihen können hohe Kosten das Endergebnis gewaltig belasten. Wer sich hingegen dem Ausstieg aus dem Zusatzrentenfonds nähert, sollte das sogenannte „Life-Cycle-Prinzip“ anwenden. Ein Umstieg in vorsichtige und garantierte Investitionslinien schützt das Kapital vor hohen Verlusten an

Bezirk: Überetsch/Unterland